Manus Homepage über die Zeit

Was wäre, wenn wir in die Vergangenheit reisen könnten, um unsere eigene Geburt zu verhindern?

In der Neuverfilmung des Klassikers „Die Zeitmaschine“ von H. G. Wells erfindet der Wissenschaftler und Erfinder Alexander Hartdegen eine Zeitmaschine, mit der er in die Vergangenheit reist, um den Tod seiner Geliebten zu verhindern. Doch aus irgendwelchen mysteriösen Umständen lässt sich das Schicksal nicht abwenden. Was er auch unternimmt, er kann ihren Tod nicht verhindern. Während sie in einer Situation ermordet wird, fällt sie in einer anderen einem tragischen Unfall zum Opfer. Um eine Antwort darauf zu finden, warum sich ihr Schicksal nicht abwenden lässt, unternimmt der Erfinder schließlich eine Reise in die Zukunft...

Die Zeitmaschine von H. G. Wells

Tatsächlich gibt es unter Wissenschaftlern unterschiedliche Auffassungen davon, was passieren würde, wenn wir die Ereignisse in der Vergangenheit ändern könnten. Eine These geht davon aus, dass einfach immer etwas dazwischen käme, sobald wir versuchen würden, in der Vergangenheit einen Eingriff vorzunehmen. Diese These hätte allerdings einige unlogische Konsequenzen. Bereits unsere Ankunft in der Vergangenheit - alleine schon unsere Existenz - hätte Auswirkungen auf zukünftige Ereignisse. Genauso ist es in unserer heutigen Gegenwart: Jede kleinste Veränderung im „Jetzt“ zieht irgendwann unvorhersehbare Konsequenzen nach sich. Das Ausmaß ist dabei nur eine Frage der Zeit (selbst die parallelsten Linien treffen sich irgendwo in der Unendlichkeit...). Warum also sollte unsere Anwesenheit in der Vergangenheit, die bereits Auswirkungen auf Später hat, zwar möglich und zulässig sein, nicht aber das Durchführen einer Handlung? Noch glaubhafter als die These, dass immer etwas dazwischen käme, wenn wir versuchten, eine Handlung in der Vergangenheit durchzuführen, wäre da schon die Annahme, dass die Zeitreise selbst niemals stattfinden könnte, weil es das Schicksal nicht möchte.

Bequem wäre es also, sich einfach vorzustellen, dass Zeitreisen unmöglich sind. Doch selbst wenn uns die technischen Möglichkeiten dazu fehlen: Ansätze gibt es genügend, wie Zeitreisen zumindest theoretisch möglich wären. Selbst renommierteste Physiker unserer Zeit halten Zeitreisen durchaus eines Tages für möglich. Seit Albert Einstein die allgemeine Relativitätstheorie verfasst hat, wissen wir, dass Zeit ein relativer Begriff ist. Sämtliche Versuche zeigen uns: Zeit vergeht nicht überall und unter allen Bedingungen gleich schnell. Starke Energiefelder, schwere Massen und hohe Geschwindigkeiten vermögen es, den Verlauf der Zeit zu beeinflussen.

Jedes Wesen, wir alle, „teilen“ uns scheinbar dieselbe Zeit. Da wir alle in relativ demselben „Zeitgefüge“ leben, derselben Gravitation ausgesetzt sind und im selben Raum existieren (auf diesem Planeten in diesem Sonnensystem), scheint die Zeit für alle Menschen gleich zu vergehen. Trotzdem lebt jeder in seiner eigenen Zeit. Jeder Mensch hat seinen persönlichen Zeitpfeil und seine eigene Vergangenheit.

Zeitpfeil schematisch

Stellen wir uns vor, wir könnten eine Reise in unsere Vergangenheit unternehmen, in eine Zeit, bevor wir selbst geboren wurden. Dort würden wir unsere eigene Geburt verhindern. Was würde passieren?

Folgende Möglichkeiten zeichnen sich ab:

  1. Es wäre uns nicht möglich, die eigene Geburt zu verhindern, da dieses Ereignis schließlich stattgefunden haben musste, damit wir die Zeitreise überhaupt antreten konnten.

  2. In dem Moment, in dem wir unsere Geburt verhindern, hören wir auf zu existieren, da unsere Geburt und somit die Zeitreise niemals statt fand.

  3. Wir verhindern unsere Geburt und leben trotzdem weiter.

Variante 1 würde aber auch voraussetzen, dass wir nicht frei sind in unserem Denken und Handeln. Das würde auch bedeuten, dass alles vorherbestimmt ist und wir in einem determinierten Universum leben.

Variante 2 ist paradox, schon alleine aus physikalischen Gründen. Wie und warum sollten wir uns plötzlich in Luft auflösen? Materie ist gebündelte Energie. Wir können Energieformen in andere umwandeln, aber nicht „in nichts auflösen“. Das ist physikalisch absolut unmöglich. Aber wer würde darüber entscheiden, in welche Form von Materie bzw. Energie wir uns verwandeln? Zudem hätten wir hier einen Widerspruch des Kausalitätsprinzips.

Variante 3 mag sich für viele von uns noch paradoxer anhören, weil es als Widerspruch erscheint, dass wir auf der einen Seite niemals geboren wurden, aber trotzdem am Leben sind. So gesehen wäre es DANN ein Widerspruch, wenn man das allgemein herrschende Bild der Zeit betrachtet. Doch wer oben angefangen hat zu lesen, weiß, dass „die Zeit“ ein relativer Begriff ist. In den meisten Fällen und im Alltag macht es durchaus Sinn, von „der Zeit“ und „dem Raum“ zu sprechen. Physikalisch betrachtet gibt es diese allgemeingültige Zeit nicht. Die Raumzeit-Krümmungen, wie sie bei hohen Geschwindigkeiten und in der Nähe großer Massen nachweislich auftreten, beweisen uns, dass Zeitabweichungen möglich sind und auch existieren. Und diese sind immer relativ zueinander zu sehen, da jedes Objekt seine Eigenzeit besitzt. Ebenso sind Bewegungen und Geschwindigkeiten immer relativ zueinander zu sehen („es gibt keine Gleichzeitigkeit distanter Ereignisse“ - Albert Einstein). Zugegeben, dieses Verständnis macht das Phänomen „Zeit“ keinesfalls einfacher, doch es hilft uns, die Antwort auf unsere Frage zu finden, was passieren würde, wenn wir „in der Vergangenheit“ unsere eigene Geburt verhindern würden.

Doch genau hier liegt das Problem: „Die Vergangenheit“ existiert ebenso wenig wie „die Zeit“. Jedes Teilchen hat seine eigene Vergangenheit. Auf einer Zeitskala betrachtet, existiert jedes Teilchen zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort. Rückwirkend betrachtet ist unsere Vergangenheit bzw. die Vergangenheit jedes Teilchens also exakt definiert. Zusammenfassend kann man auch behaupten, dass jeder Körper seine Eigenzeit hat, da schließlich alle Teilchen ein- und desselben Körpers zu jedem Zeitpunkt den gleichen Gravitationsverhältnissen, demselben Inertialsystem, den gleichen Bewegungskräften etc. ausgesetzt sind.

Hier nochmals unser persönlicher Zeitpfeil:

Persönlicher Zeitpfeil schematisch

Jeder besitzt einen solchen Zeitpfeil. Auf ihm bewegen wir uns immer in Richtung Zukunft! Hätten wir eine Zeitreise in die Vergangenheit unternommen, so läge diese Reise, auch nach Ankunft in „der Vergangenheit“ auf unserer persönlichen Zeitlinie hinter uns. Ebenso wie unsere Geburt. Daran lässt sich nichts mehr ändern.

Allgemeiner Zeitpfeil schematisch

Nach dem Zeitsprung befinden wir uns in einer Vergangenheit, die der auf unserem persönlichen Zeitpfeil liegenden (der von uns bereits erlebten) Vergangenheit exakt gleicht mit der Ausnahme, dass wir persönlich - eben aus der Zukunft gekommen - Teil dieser „neuen Realität“ sind. Wir könnten in dieser „neuen Vergangenheit“ zwar unsere Geburt verhindern, es hätte aber keinerlei Auswirkung auf unsere persönliche, bereits erlebte Vergangenheit. Vielmehr würden wir durch diese Tat eine „neue Vergangenheit“ erschaffen, in der wir eben nicht geboren wurden.

Zeitpfeil mit Zeitsprung

Viele werden sich denken, dass es absurd klingt, eine „neue Zeit“ zu erschaffen. Dabei tun wir es täglich, mit jeder neuen Entscheidung, jeder Handlung. Ständig erschaffen wir eine „neue Zukunft“. Zum Beispiel hast du den Entschluss gefasst, diesen Bericht zu lesen. Hättest du das nicht getan, wären die letzten paar Minuten in deinem Leben anders verlaufen. Ebenso würde deine Gegenwart nicht derselben entsprechen, da du ja noch mit Lesen beschäftigt bist, und deine Zukunft würde etwas anders aussehen, da die gesammelten Informationen und deine Gedanken hierzu in Form von Eiweißmolekülen für längere Zeit in deinem Gehirn abgelegt wurden.

Während unseres Daseins erschaffen wir ständig neue Welten. Eine Reise in die Vergangenheit würde nichts an den Geschehnissen ändern, die wir persönlich bereits erlebt haben. Der „allgemeine Zeitpfeil“ existiert zwar nicht wirklich, doch erklärend setzen wir ihn ins Verhältnis zu unserem persönlichen Zeitpfeil. Er symbolisiert alle Zeitpfeile bis auf unseren persönlichen (eine Reise in die Vergangenheit würde aber nicht bedeuten, dass wir sämtliche Zeitpfeile bis auf unseren persönlichen zurückdrehen müssten. Wollten wir die Position eines Satelliten relativ zur Erde verändern, müssten wir schließlich auch nicht an der Erde drehen...).

Ein Problem stellt sich dann, wenn wir wieder zurück in die Zukunft möchten, in der wir vor unserer Reise in die Vergangenheit gelebt haben. Denn welche Welt würden wir nach einer Rückreise vorfinden? Dieselbe Welt, in der wir vor unserer Reise in die Vergangenheit lebten, oder die Zukunft, die sich ergeben würde, wenn wir einfach nur abwarten? Nach meiner Ansicht fänden wir eine neue Zukunft vor, die sich auch dann ergeben hätte, wenn wir einfach nur abgewartet hätten, bis die Zukunft da ist (mit Ausnahme der Ereignisse, die sich durch unser Warten ergeben hätten, da ich davon ausgehe, dass die Zeitreise selbst keine Auswirkungen auf die Welt hat, die wir nach einer Zeitreise vorfinden). Die Welt, die uns nach einer Reise in die Zukunft erwarten würde, hängt immer von der ab, in der wir uns zum Zeitpunkt der Abreise befanden.

Wollten wir also zurück an den Punkt in der Zukunft, an dem wir unsere Reise in die Vergangenheit starteten, müssten wir uns auf unserem persönlichen Zeitpfeil rückwärts bewegen an den Punkt, bevor wir die Reise angetreten haben. Und das ist absolut ausgeschlossen! Wir bewegen uns auf unserem persönlichen Zeitpfeil IMMER in Richtung Zukunft! Dadurch verletzen wir auch die Kausalität nicht, das Prinzip von Ursache und Wirkung. Eine Reise in Richtung Vergangenheit auf unserem eigenen persönlichen Zeitpfeil würde bedeuten, dass wir während der Reise wieder jünger werden, die gemachten Erfahrungen wieder verlieren und am Ende alles so wäre, als hätten wir die Reise nie angetreten. Eine solche Reise würde also gar nicht existieren.

Wie sieht nun die Wahrheit über Zeitreisen aus? Wir wissen es nicht, doch zwei Möglichkeiten zeichnen sich ab. Beide hätte ihre Konsequenzen:

1. Zeitreisen sind generell unmöglich. Das Universum ist determiniert und unsere Zukunft vorherbestimmt (ein Indiz für die Existenz von Wahrsagern und Hellsehern). Wir selbst sind nur Teil eines Prozesses, der bestimmten Gesetzen unterliegt und haben deshalb keinen Einfluss auf unser Handeln (wir könnten zwar statt einem Glas Wein auch ein Glas Mineralwasser trinken, doch selbst der Gedanke daran und wie unsere Entscheidung schließlich ausfällt, ist vorherbestimmt).
ODER:
2. Zeitreisen sind theoretisch möglich. Unsere Zukunft liegt in unseren eigenen Händen und wir sind frei in unserem Denken und Handeln. Wir leben in einem Multiversum, in einer von unendlich vielen Welten. Jeder mögliche Verlauf der Evolution zeichnet sich in einer dieser Welten ab.

Prof. Dr. Steven Hawking hatte die Idee der „imaginären Zeit“, und er hat sich damit an ein sehr heikles Thema herangewagt. Diese Sache ist tatsächlich nicht so einfach. Wird der zeitliche Verlauf unseres Universums auf der X-Achse dargestellt, so stellt sich die imaginäre Zeit auf der Y-Achse dar.

Die imaginäre Zeit

Nur unter ganz bestimmten Anfangsbedingungen ist es möglich, dass sich ein Universum wie unseres bildet, in dem Leben existieren kann. Hätten wir diese Voraussetzungen nicht gehabt, gäbe es uns nicht. Doch warum ist alles so gekommen? War es Glück? Oder Zufall? Eine Welt mit unendlich vielen parallelen Universen, sogenannten „Baby-Universen“, würde das schon eher erklären. Unser All wäre nur eine einzelne Welt in diesem Multiversum. Für andere Universen gelten andere Gesetze. Sie können mehr- oder wenigerdimensional sein als es unsere Welt, und ihre eigenen Naturgesetze aufweisen. Die Entstehung sämtlicher Universen beginnt auf dem „imaginären Zeitpfeil“. Auf seiner Ausdehnung liegen alle möglichen Ausgangssituationen für sämtliche Universen. Dabei hat er im Gegensatz zu unserem Zeitpfeil, dem die Thermodynamik schließlich eine klare Richtung verleiht, weder eine definierbare Richtung, noch ist er von begrenzter Länge.

Die imaginäre Zeit

Dadurch, dass alle nur denkbaren Ausgangssituationen für sämtliche Universen auf dem imaginären Zeitpfeil vorhanden sind, existieren auch alle Möglichkeiten, wie sie sich entwickeln hätten können, irgendwo in einer dieser Welten. Man könnte den imaginären Zeitpfeil auch als eigene Dimension sehen, die den uns bekannten Dimensionen einfach übergeordnet ist. Alle Baby-Universen sind Teil dieser Dimension. Gehen wir einmal davon aus, dass wir uns in sämtlichen Dimensionen bewegen können. Wir bewegen uns schließlich ständig in der Raumzeit. Nehmen wir an, in Universum 1 und 2 stehen wir gerade vor der Entscheidung, ob wir uns etwas zu Essen kochen oder nicht. Während wir uns dafür oder dagegen entscheiden, wechseln wir entweder zu Universum 1, in dem wir uns dafür, oder zu Universum 2, in dem wir uns dagegen entschieden haben. Der „Wechsel“ zwischen diesen Welten passiert selbstverständlich nicht nur, wenn wir eine Handlung durchführen, sondern ständig. Anstatt „Wechsel“ könnten wir auch sagen: Wir wechseln nicht das Universum, sondern bewegen uns auf der oben dargestellten Y-Achse, also in der „imaginären Zeit“. In ihr bewegen wir uns ständig, ebenso wie in unserer realen Zeit.

Die imaginäre Zeit

Genaugenommen müsste Hawkings Zeitpfeil wohl wie hier aussehen. Die waagrechten Pfeile stellen die Baby-Universen, oder auch „parallele Welten“ dar. Der gelbe Bereich stellt die „Vergangenheiten“ dar. Er beinhaltet alle Ereignisse, die sich irgendwann in einem Universum ergaben. Es ist der Bereich, der bereits unabänderlich feststeht. Im roten Bereich existieren Universen, in denen wir uns etwas zu Essen kochen und welche, in denen wir uns dagegen entschieden haben. Da der imaginäre Zeitpfeil unendlich in seiner Ausdehnung ist, gehören auch unendlich viele Kosmen zu ihm. In einigen sind wir Multimillionäre und in anderen wurden wir niemals geboren. Für jede plancksche Zeiteinheit (die kürzeste Zeitdauer, die es theoretisch geben kann, damit Ereignisse noch als „nacheinander stattgefunden“ definiert werden können) existieren eigene Universen, die alle auch nur denkbaren Ereignisse beinhalten. Und da es „die Zeit“ genaugenommen ja nicht gibt, existiert jedes Teilchen in seinem eigenen „Universum“. Doch das geht über unser Vorstellungsvermögen hinaus.

Gleicht das Leben wirklich einer Matrix? Die Viele-Welten-Theorie wird inzwischen von vielen Physikern akzeptiert. Das Problem für die meisten Physiker ist nur, dass die imaginäre Zeit direkt während oder kurz vor dem Urknall ansetzt. Doch alles, was davor liegt, können wir physikalisch niemals erfassen, da es sich hier um eine Singularität handelt - um die Entstehung eben dieser Gesetze unserer Welt, die unsere Physik beschreibt, und denen wir unsere Existenz verdanken. Die „imaginäre Zeit“ wird deshalb auch weiterhin „imaginär“ bleiben. Nachweisen lässt sie sich nicht. Sie bleibt lediglich ein Gedankenexperiment.