Manus Homepage über die Zeit

Was ist Zeit? (2)

Die Einsteinsche Relativitätstheorie beschreibt Raum und Zeit als untrennbar zusammengehöriges, gekrümmtes Gebilde. Je mehr Masse ein Objekt besitzt, desto mehr krümmt es den umgebenden Raum und verlangsamt gleichzeitig den Zeitfluss. Dies gilt auch für bewegte Objekte: Schneller bewegte Objekte unterliegen einem langsameren Zeitfluss als weniger schnell bewegte (jeweils aus Sicht eines externen Beobachters).

Die Zeit verstreicht also nicht überall gleich schnell, wie wir ja bereits im ersten Teil dieses Beitrags festgestellt haben.

Stephen Hawking (namhafter Wissenschaftler und Autor des Bestsellers „Eine kurze Geschichte der Zeit“) folgert aus der Untrennbarkeit von Raum und Zeit weiter, dass ein Zeitfluss ohne Materie nicht vorstellbar sei. Zu dieser Schlussfolgerung komme auch ich, denn die Frage nach der Zeit als Maßstab für Veränderung erübrigt sich ohne das Vorhandensein jeglicher Materie. Ohne Materie gäbe es keinen Grund zur Annahme der Existenz von Zeit, denn wie sollte sich diese auch bemerkbar machen?

Oder einfach ausgedrückt: Wo nichts ist, passiert auch nichts, und wo nichts passiert, vergeht auch keine Zeit, da diese Maßstab für jegliche Veränderung ist.

Gegenwart

UhrWir empfinden die Zeit ähnlich einem Fluss von Ereignissen, ohne welche sich die Frage nach dem Wesen der Zeit erübrigen würde. Unser Empfinden beschränkt sich dabei auf die Gegenwart. Doch existiert diese überhaupt? Wie lange dauert sie? Kaum ist sie da, ist sie auch schon Vergangenheit geworden. Eigentlich ist sie nie richtig da. Nur eines ist sicher: „In der Zukunft wird die Gegenwart Vergangenheit geworden sein werden“.

In der Forschung hat man die wahrgenommene Gegenwart näher untersucht. Die Untersuchungen lassen darauf schließen, dass Willkürhandlungen vorbewusst eingeleitet werden (ca. 250 ms vor der Bewusstwerdung) und erst während der Ausführung ins Bewusstsein gelangen. Dies lässt sich bei einer Vielzahl von Handlungen nachvollziehen. Weiterhin können durch künstliche Stimulation von Hirnregionen Handlungen ausgelöst werden, die später als selbst beabsichtige Handlung wahrgenommen werden. Es zeigt sich auch hier ein Widersatz von Empfinden und neurobiologischem Befund.

Trotz großer Fortschritte der Wissenschaft im Bereich Neurobiologie lässt es sich nicht erklären, warum wir die Zeit als eine Abfolge von Ereignissen im Rahmen der Kausalität (Ursache-Wirkung-Prinzip) empfinden. Man könnte davon ausgehen, dass diese Empfindung verbindlich ist, um das Leben überhaupt erst zu ermöglichen. Könnten wir den Ablauf von Ereignissen nicht bestimmten Gesetzen zuordnen, wäre ein Überleben undenkbar. Dies gilt natürlich für jedes intelligente Leben. Ohne diese Grundordnung wäre es uns beispielsweise unmöglich, sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Auch könnten wir uns ohne die Existenz eines zeitlich geordneten Ablaufs der Dinge nicht an Vergangenes erinnern. Jegliches Leben wäre ausgeschlossen.

Letztendlich wissen wir nicht, warum in unserem Empfinden die Ursache eines Ereignisses seiner Wirkung immer vorausgeht, doch dass dies in einer Welt in der wir leben als Voraussetzung für unsere eigene Existenz so sein muss, ist nachvollziehbar. Wäre dem nicht so, könnten wir uns an dieser Stelle auch keine Gedanken darüber machen.

Dimensionen

DimensionenBereits im ersten Teil diess Beitrags haben wir festgestellt, dass Zeit eine weitere Dimension darstellt in Ergänzung zu den sichtbaren Raumdimensionen (Länge, Breite und Höhe). Wenn wir die genaue Position eines Teilchens bestimmen möchten, müssen wir seine genaue räumliche, aber auch zeitliche Position beschreiben. Nur so kann eine klare Aussage darüber gemacht werden, wo sich ein Teilchen in einem System befindet.

Ein interessantes, universelles und immer gegenwärtiges Gesetz ist dabei, dass sich die Position des Teilchens im Raum umso genauer feststellen lässt, je weniger man die Zeit dabei beachtet. Andersherum ist es genauso: Je genauer der Zeitpunkt ermittelt wird an dem sich ein Teilchen an einem bestimmten Ort befindet, umso ungenauer lässt sich dessen genaue Position bestimmen. Diesen quantenmechanischen Effekt hat erstmals Werner Heisenberg 1927 formuliert (siehe Heisenbergsche Unschärferelation) und ist ein weiterer Beweis für den Zusammenhang zwischen Raum und Zeit und deren Untrennbarkeit.

Wieviele Dimensionen gibt es eigentlich?

Wissenschaftler sprechen von 26 Dimensionen. Doch bisher haben wir uns nur mit den ersten vier Dimensionen näher beschäftigt. Was hat es also mit den restlichen 22 Dimensionen auf sich? Bisher basteln Physiker an Theorien, in denen die Elementarteilchen sich als schwingende Superstrings in bis zu 26 Dimensionen entpuppen. Derartige Theorien sind jedoch äußerst abstrakt und lassen sich in unserem gegenwärtigen Weltbild nicht ohne Weiteres beschreiben. Man stelle sich eine Welt vor, in der wir ein Teilchen von allen Seiten betrachten, doch sieht es, bei der ersten Seite wieder angelangt, anders aus als zuvor. Erst wenn wir das Teilchen noch ein weiteres mal um seine eigene Achse drehen, sehen wir erneut seine ursprüngliche Seite. Solche und viele weitere Phänomene gibt es nur in der Quantenphysik.

Doch zurück zu den Dimensionen. Alle überschüssigen Dimensionen haben sich, so die These der Wissenschaftler, bei der Entstehung des Universums „aufgerollt“, so dass sie heute nicht mehr sichtbar sind. Warum aber bleiben gerade vier Dimensionen übrig?

Der schwedische Physiker Max Tegmark glaubt, diese Frage beantworten zu können: Wir leben, so der Forscher, in der besten aller Welten: Nur in einem Kosmos mit drei räumlichen und einer zeitlichen Dimension können sich, so Tegmark, komplexe Strukturen bilden, nur dort kann Leben entstehen. Stabile Umlaufbahnen, also die Bildung von Atomen ebenso wie von Planetensystemen, sind nur in drei räumlichen Dimensionen möglich. Und bei einer weiteren Zeitrichtung würde jede Form der Vorhersagbarkeit verloren gehen: Nicht mehr Naturgesetze würden den Kosmos regieren, sondern das reine Chaos. Die Kausalität würde ihre Wirkung verlieren.

Entropie

EntropieWie bereits im ersten Teil erwähnt, gibt es aus wissenschaftlicher Sicht drei verschiedene Zeitpfeile:

Den kosmologischen, den psychologischen und den thermodynamischen Zeitpfeil.

Betrachten wir den thermodynamischen Zeitpfeil etwas näher (zu diesem Thema existiert übrigens ein eigener Beitrag in dieser Kategorie, siehe Übersicht oben).

Der thermodynamische Zeitpfeil beschreibt den Grad der Entropie. Er gibt könnte uns theoretisch Auskunft darüber geben, wo der aktuelle Moment auf dem Zeitpfeil eines geschlossenen Systems anzusetzen wäre. Entropie ist nämlich das Maß für die Unordnung in einem geschlossenen System. Nach dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nimmt die Entropie, solange es in einem solchen System ein Temperaturgefälle gibt, immer zu. Ist das „thermodynamische Gleichgewicht“ erst einmal hergestellt, endet der thermodynamische Zeitpfeil. Dieser Zustand stellt in einem gewissen Sinne wieder eine Ordnung dar. Was danach kommt, kann man nur vermuten. Doch solange das Universum expandiert, wird das Gesetz seine Gültigkeit behalten, dass jeder Vorgang, jede Aktion und jede Veränderung mehr Unordnung im System erzeugt als Ordnung.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein geordnetes Kartenspiel, nachdem es gemischt wurde, mindestens ebenso geordnet ist wie zuvor, geht praktisch gegen null, weil es wesentlich mehr ungeordnete Zustände gibt, als geordnete. Um das Kartenspiel zu ordnen, muss in jedem Falle mehr Energie aufgebracht werden, als um es zu mischen. Ein weiteres Beispiel eines entropischen Vorgangs: Eine Sandkiste, in der sich in der einen Hälfte weißer, in der anderen Hälfte schwarzer Sand befindet. Ein Kind läuft nun Hunderte Male im Uhrzeigersinn durch die Sandkiste, bis der Sand vermischt und dessen Gesamteindruck grau ist. Nun läuft das Kind im Gegenuhrzeigersinn, wodurch der Ausgangszustand aber nicht mehr erreicht werden kann, sondern der graue Farbton noch gleichmäßiger wird.

Was hier im Kleinen gilt, gilt auch für große Systeme. Vermutlich auch für den Kosmos. In letzter Instanz stellt sich lediglich die Frage, ob es sich hier ebenfalls um ein geschlossenes System handelt. Der „thermodynamische Zeitpfeil“ geht genau hiervon aus. Das Fortschreiten der Zeit bedeutet gleichzeitig auch, dass der Grad der Unordnung stetig und unumkehrbar zunimmt. Somit ist Entropie die womöglich stärkste aller „Mächte“, die es gibt. Jedes autarke System ist davon betroffen. Die Verschmutzung unserer Natur, Feinstaub, möglicherweise auch die Klimaerwärmung ist darauf zurückzuführen. Fast jeder Vorgang, der unsere Welt verändert, ist Teil der Entropie. Natürlich ist jeder davon betroffen. Und so müssen wir unbeholfen mit ansehen, wie unsere Leiden im Alter nicht gerade weniger werden und unsere Haut nicht straffer. Nichts ist für die Ewigkeit.

Dass eine Zeitreise in die Vergangenheit die Entropie umkehren müsste, lässt sich so trotzdem nicht pauschalisieren. Zum einen würde eine solche Reise einen Wechsel des Inertialsystems erfordern, und zum anderen müssten wir die Zeitmaschine selbst als geschlossenes System betrachten, innerhalb dessen die Entropie weiter zunehmen würde (was zugleich auch Voraussetzung wäre um unser Überleben zu sichern). Entropie schließt die Möglichkeit von Zeitreisen jedenfalls nicht kategorisch aus.