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Was wäre, wenn Licht viel langsamer wäre als es ist?

Also erst einmal muss man wirklich betonen, dass die Lichtgeschwindigkeit eine Konstante ist. An ihr gibt es nichts zu rütteln. Die Geschwindigkeit des Lichts beträgt 299'792 km pro Sekunde. Doch welche Auswirkungen hätte es auf uns, wenn sich das Licht viel langsamer bewegen würde, beispielsweise mit einigen hundert Kilometern pro Stunde? Dann würden wir in unserem Alltag mit relativistischen Effekten konfrontiert werden, von denen wir im echten Leben aufgrund ihrer minimalen Auswirkungen überhaupt nichts mitbekommen.

Wir können unsere Umgebung mit unseren Augen wahrnehmen. Meistens denken wir aber gar nicht daran, dass wir dabei nichts anderes Wahrnehmen als das Licht, das von unserer Umgebung reflektiert wird. Unser Auge kann dabei drei Farben unterscheiden: Rot, grün und blau. Ein Gegenstand erscheint uns beispielsweise gelb, wenn dessen Oberfläche den Blauanteil des Lichts herausfiltert bzw. nicht reflektiert. Übrig bleiben rot und grün. Diese beiden Farben zusammen nehmen wir als gelb wahr. Andere Farbtöne entstehen, wenn von dem Gegenstand bestimmte Grundfarben stärker oder schwächer absorbiert werden als andere. Das Ergebnis unserer Wahrnehmung wird dadurch bestimmt, wie die drei Grundfarben anteilmäßig in den Lichtstrahlen enthalten sind, die unser Auge erreichen. Ein schwarzer Gegenstand „schluckt“ sämtliche Farbanteile. Darum ist Schwarz genau genommen keine Farbe, sondern vielmehr „nichts“. Jetzt wissen wir auch, warum Schatten und Nacht schwarz sind. Aber was ist „Licht“ eigentlich?

Licht und Schatten

Licht ist eine (elektromagnetische) Welle. Es besteht also genaugenommen aus hochfrequenten elektromagnetischen Schwingungen. Im Gegensatz zu Schallwellen benötigt Licht aber kein Medium wie die Luft, um dieses in Schwingung zu versetzen. Licht hat einen eigenständigen Energiezustand, der von seiner Frequenz abhängt. Es besteht aus sogenannten „Photonen“, einer Art Teilchen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Teilchen besitzen Lichtteilchen allerdings keine Masse.

In einem bestimmten Spektrum können wir also elektromagnetische Wellen mit unseren Augen wahrnehmen. Das sichtbare Licht hat dabei eine Wellenlänge von 350 Nanometern (das sind 0,00035 mm) bis 750 Nanometern. Ein Haar hat übrigens einen Durchmesser von etwa 40'000 Nanometern, also 0,04 Millimetern.

Wellenlänge schematischFrequenzspektrum des Lichts

Derart kurze Wellenlängen entsprechen sehr hohen Frequenzen. Das sichtbare Licht schwingt mit etwa 750'000'000'000'000 Hz (=750 Billionen Schwingungen pro Sekunde!).

Nehmen wir einmal an, Licht würde sich mit wenigen hundert Stundenkilometern fortbewegen und seine Frequenz bliebe dabei unverändert. Wie würden wir unsere Umgebung wahrnehmen? Man sollte es kaum für möglich halten, doch diese „kleine Veränderung“ hätte enorme Auswirkungen!

Unschärfe Die erste Konsequenz wäre vermutlich eine deutlichere Unschärfe. Wir würden entfernte Objekte deutlich unschärfer wahrnehmen als nähere, was in diesem Fall allerdings nicht auf eine Kurzsichtigkeit unserer Augen zurück zu führen wäre, sondern auf die Tatsache, dass das Licht, das einen weiteren Weg zurück legen muss, deutlich länger unterwegs wäre als das Licht, das von nahen Objekten reflektiert wird.

Richtig unheimlich wird's aber erst bei sich bewegenden Objekten. Stellen wir uns vor, wir stünden am Rande einer Autobahn und sähen zu, wie die Autos an uns vorbeifahren. Die von uns wahrgenommene Position der Autos würde zu jedem Zeitpunkt von ihrer tatsächlichen Position abweichen. Rasendes AutoEs würde eine deutlich wahrnehmbare Zeit dauern, bis uns das Licht eines Autos erreichen würde. Während dieser Zeit hätte sich die tatsächliche Position des Autos bereits wieder verändert. Dieser Effekt würde sich umso mehr bemerkbar machen, je weiter sich das Auto von uns entfernt. Wenn es sich auf uns zu bewegen würde, erschiene es uns weiter entfernt, als es das tatsächlich ist. Dieser Effekt nimmt ab, je mehr sich uns das Auto nähert. Wäre es an uns vorbei gefahren und bewegte es sich von uns fort, erschiene es uns dann zu Anfang wieder näher, als es tatsächlich sei.

Wir sähen also eine scheinbar höhere Geschwindigkeit und zugleich größere Entfernung eines Objekts, das sich uns nähert. Ein sich von uns entfernendes Objekt erschiene uns langsamer und zugleich näher.

Verzerrte Optik Eine noch bemerkenswertere Eigenschaft ist die Masseveränderung. Wäre Licht langsamer, würden Objekte von außen betrachtet durch Bewegung ihre Massen verändern. Ein Objekt, das sich uns nähert, hätte aus unserer Sicht eine geringere Masse als eines, das sich von uns entfernt. Sich bewegende Objekte erschienen uns also entweder gedehnt oder gestaucht.

Verfälschte Farben bei sich bewegenden AutosAber wie verhält es sich mit der Farbwahrnehmung? Auch hier schlägt der sogenannte „Dopplereffekt“ zu. Wir kennen alle das Phänomen, wenn ein Polizeiwagen mit eingeschalteter Sirene an uns vorbei fährt. Der Ton wird tiefer, sobald der Wagen an uns vorbei gefahren ist. Bewegt sich die Sirene auf uns zu, erhöht sich für uns die Frequenz des wahrgenommenen Tons, da sich uns der Tongeber permanent nähert. Bei einer Schallgeschwindigkeit von ca. 1200 km/h macht sich das deutlich bemerkbar. Doch welche Auswirkungen hätte dieser Effekt beim Licht, wenn sich dieses mit ähnlicher Geschwindigkeit fortbewegen würde?

Objekte, die sich uns nähern, würden uns blauer erscheinen, sich entfernende Objekte röter.

AlleeBis jetzt sind wir immer davon ausgegangen, dass wir selbst uns nicht bewegen. Wagen wir doch einmal eine kleine Spazierfahrt durch eine träge Lichtwelt. Fahren wir eine Straße entlang. Die Bäume am Fahrbahnrand erscheinen uns verbogen, da ihre Spitze weiter von uns entfernt ist als ihr Stamm. Außerdem sehen wir rechts und links von uns die Dinge aus einer Perspektive, die uns unter normalen Bedingungen verborgen bliebe. Es erscheint uns beinahe so, als könnten wir „um die Ecke sehen“. Vor uns eröffnet sich eine gekrümmte, blaue Welt, während die Welt in unserem Rückspiegel in gleitend rotes Licht gehüllt ist. Wahrscheinlich käme es uns vor als würden wir unter Drogen stehen.

Mit Hilfe der modernen Technik können solche theoretische Welten am Computer simuliert werden. Die hier geschilderten Effekte würden wir auch wahrnehmen, könnten wir uns mit sehr hoher Geschwindigkeit – nahe der Lichtgeschwindigkeit – bewegen. Das Faszinierende dabei ist, dass diese Effekte theoretisch auch in unserer realen Welt auftreten, aber aufgrund der hohen Geschwindigkeit des Lichts im Verhältnis zu unserer eigenen Geschwindigkeit nur in einem derart geringen Maße, dass wir nichts davon bemerken.