Manus Homepage über die Zeit

Zeit und Realität

Realität und Wahrnehmung

WahrnehmungUm das Wesen der Zeit begreifen zu können, müssen wir zuerst einmal eine Ahnung davon bekommen, was „Realität“ ist. Dabei stoßen wir auf ein fundamentales Problem – das Problem der Erkenntnis und Einsicht – der Einsicht, dass es keine allgemein gültige Realität gibt, da jeder Mensch in seiner eigenen Realität lebt und andere Empfindungen besitzt – und der Erkenntnis, dass unsere Umgebung und unser komplettes Umfeld, unsere komplette Weltanschauung nichts anderes ist als das, wie wir die Informationen interpretieren, die uns unsere Sinne liefern. Wir suchen ständig nach neuen Zusammenhängen, um eine für uns selbst plausible Beschreibung des Erlebten zu erhalten. Letztendlich sind wir nicht in der Lage, unsere Empfindungen und die damit verbundenen Erfahrungen neutral zu beurteilen. Auf der anderen Seite existiert diese Neutralität auch gar nicht. Was gut ist und was schlecht, was richtig und was falsch ist: Alles nur Interpretation – abhängig vom Standpunkt. Alles, an das wir glauben und von dem wir überzeugt sind, lässt sich auf elektrische Impulse reduzieren, die unser komplexes Nervensystem an unser Gehirn weiterleitet. Wie wir diese interpretieren und bewerten, hängt von uns selbst ab.

Dass wir in der Lage sind, aus unseren Wahrnehmungsinformationen bestimmte Gesetzmäßigkeiten abzuleiten, ist eine Notwendigkeit. Ohne diese Tatsache hätte sich niemals intelligentes Leben entwickelt. Das Überleben in einer Welt ohne erkennbare Strukturen wäre schlicht unmöglich.

Wenn unsere Realität ihrer eigenen Interpretation unterliegt, ist es naheliegend, dass es viele unterschiedliche Auffassungen von Realität gibt. Wer weiß schon, wie ein Mitmensch eine bestimmte Farbe wahrnimmt, oder ein bestimmtes Geräusch? Die Regeln, denen die Interpretation wahrgenommener Informationen unterliegen, sind angelernt. So kann ein Baby, das auf die Welt kommt, beispielsweise noch nicht dreidimensional sehen. Es muss erst lernen, die aufgenommenen Informationen im Kopf sinnvoll auszuwerten. Darum ist es auch besonders wichtig, dass es viel Zuneigung erhält, da es erst lernen muss, welche Reize wie zuzuordnen sind, dass zum Beispiel eine Berührung an einer bestimmten Körperstelle stattfindet, wenn eine bestimmte Nervenbahn einen bestimmten Reiz an das Gehirn meldet.

Es gibt Menschen, die verschiedene Farben und Muster sehen, wenn sie bestimmte Töne oder Musik hören. Diese Wahrnehmungsfähigkeit nennt sich „Synästhesie“. Jedes Geräusch entspricht einem eigenen Farbmuster. Doch diese Menschen sehen nicht alle dieselben Farben. Sind diese Farben möglicherweise nur eine besondere Art der Interpretation?

Nichts ist so, wie es scheint. Alles spielt sich im Bereich unserer Empfindungen ab. Besteht alles, woran wir glauben, lediglich aus biochemischen Prozessen in unserem Gehirn?

Erfüllt unser Körper möglicherweise nur den einen Zweck, unser Gehirn mit Energie und Informationen zu versorgen, und auf dessen Befehle zu reagieren?

Wenn das zuträfe, wäre unser Körper nur Diener unseres eigentlichen „Ichs“, unseres Gehirns. Plötzlich wäre das, was uns wirklich ausmacht, gar nicht mehr so groß.

Zeitempfindung

Ist möglicherweise „Zeit“ auch nur ein Trugschluss, eine Interpretation, eine Empfindung? Wie wäre es dann zu erklären, dass sich ein Fußgänger langsamer bewegt als ein Autofahrer, der Autofahrer sein Ziel somit früher erreicht? Oder verwechseln wir womöglich die Begriffe „Geschwindigkeit“ und „Zeit“? Sind es nur Worte für ein- und dasselbe Phänomen?

Wenn Zeit nur eine Empfindung ist, wäre es dann nicht möglich, diese Empfindung zu manipulieren? Könnten wir unsere Körperfunktionen verlangsamen, würden wir unsere Umwelt vermutlich schneller wahrnehmen; die Zeit um uns herum verginge in unseren Augen schneller. Die Situation wäre vergleichbar mit einer Kamera, die eine Szene besonders langsam aufnimmt. Entsprechend schneller läuft diese Sequenz ab, wenn man sie sich dann später ansieht.

Gespenstisch ist die Vorstellung man könne die eigenen Körperfunktionen verschnellern, um den Moment zu verlängern. Die „uns umgebende Zeit“ würde dann langsamer ablaufen. Der Alarmton des Weckers würde uns als tiefes Brummen vorkommen, das Bild eines Röhrenfernsehers würden wir als flimmernde, aufeinanderfolgende Halbbilder wahrnehmen, ein Luftsprung würde trotz unveränderter Gravitationskraft viel länger dauern als gewohnt, und vermutlich würden wir die Trägheit des eigenen Körpers viel deutlicher spüren.

Die drastische Verlangsamung oder sogar Stilllegung aller Körperfunktionen wäre eine theoretische Möglichkeit für Zeitreisen in die Zukunft, doch schließe sie die Möglichkeit einer Rückreise aus.