Manus Homepage über die Zeit

Fauxpas von Software- und Diensteanbietern

Dienstag, 26.01.2016

Heute beschäftigen wir uns mit einem Thema, das mir als Software-Entwickler immer wieder bitter aufstößt. Nämlich genau dann, wenn ich als Benutzer einer Software oder eines Dienstes feststellen muss, dass das Produkt oder eine maßgebliche Funktion total an meinen Bedürfnissen vorbei geht, diese mich massiv stört oder sogar einschränkt.

Ich habe mich deshalb dazu entschlossen, euch meine Top 4 No-gos zu diesem Thema mitzuteilen:

Die Top 4 Fauxpas von Software-/Diensteanbietern

Wie es sich gehört, beginnen wir mit dem letzten Platz...

Auf Platz 4: NVIDIA 3D Vision Overlays

Wer über einen 3D-Fähigen Fernseher verfügt und dort vom 3D-Material vom PC ansehen möchte, benötigt unter anderem eine 3D-Fähige Grafikkarte. Marktführender Anbieter in diesem Segment ist seit Jahren die allseits bekannte kalifornische Firma „Nvidia“. Kauft man sich jedoch eine 3D-fähige Grafikkarte von Nvidia und möchte tatsächlich alle 3D-Features nutzen (z. B. PC-Spiele in 3D spielen oder 3D-Fotos mit Nvidias mitgeliefertem Betrachter ansehen), benötigt man eine kostenpflichtige Zusatz-Software namens „3DTV Play“. Diese Tatsache geht nicht aus der Produktbeschreibung hervor und wird dem Nutzer grundsätzlich erst mal vorenthalten (und toppt in dieser Hinsicht sogar die Abzocke von „HD Plus“, aber mehr zu diesem Thema später).

Dies alleine wäre schon Grund genug für einen vierten Platz. Das eigentliche „Problem“ ist jedoch ein ganz anderes. Nvidias Grafiktreiber, ohne den eine Nutzung der gekauften Hardware unmöglich ist, beinhaltet ein entscheidendes „Feature“: Sobald man einen Grafikmodus im Nicht-3D-Modus aktiviert, dessen Auflösung (also die unterstützte Anzahl horizontaler/vertikaler Bildpunkte) auch in einer 3D-Variante verfügbar wäre, blendet die Software einen hässlichen, überdimensionierten „Warn-Hinweis“ ein, und das über einige Sekunden. Dieser Hinweis lässt sich weder entfernen während er angezeigt wird, noch gibt es eine entsprechende Einstellung, um dieses Verhalten zu unterbinden!

Sobald eine Anwendung in den Vollbildmodus wechselt oder sich die Grafikauflösung ändert, wer also gerade keine 3D-Funktionen benötigt und sich beispielsweise ein Video in Full-HD Auflösung ansehen möchte oder ein Fernsehprogramm per TV-Karte, IPTV oder einen Video-Streaming-Dienst nutzen möchte, muss sich damit abfinden dass sich dieser fett gedruckte, rote Schriftzug immer wieder über den Anzeigebereich legt und alles andere eine Zeit lang überdeckt. Bravo Nvidia, in der Kategorie „Wie ärgere ich meine User“ habt ihr wirklich einen Preis verdient!

Übrigens: Wenn du selbst zu den Leidtragenden zählst, melde dich per E-Mail bei mir und ich helfe gerne weiter. Durch das Ersetzen einer .dll-Datei mit einer inoffiziellen Version lässt sich Nvidias nervtötende Meckerei diesbezüglich für immer unterbinden.

Auf Platz 3: Statusreporte seitens web.de

WEB.DE ist ein deutsches Internetportal, das sich auf Kommunikationsdienstleistungen spezialisiert hat. Wer einen E-Mail-Account bei web.de besitzt, kann sich darüber freuen, dass wie bei den meisten Anbietern üblich, Spam-Mails (also beispielsweise unerwünschte Werbe- oder Betrugs-E-Mails) automatisch aussortiert werden. Eigentlich wäre es ja keine schlechte Funktion, wenn man sich (sofern man das möchte) über eingegangene Spam-Mails benachrichtigen lassen könnte. Web.de hat diese Idee jedoch etwas – sagen wir mal – „zu konsequent“ umgesetzt und informiert nun täglich! in einer als „hoch wichtig“ deklarierten E-Mail auch über nichteingegangene Spam-Mails. Das klingt dann wie folgt:

Wichtige Informationen!
Sehr geehrter WEB.DE Nutzer,

nachfolgend erhalten Sie Ihren aktuellen Statusreport. Diese Übersicht informiert Sie über neue E-Mails, die Sie gemäß Ihren Einstellungen nicht per POP3 abrufen:

Sie haben keine neuen Nachrichten in Ihrem Unerwünscht Ordner.

Um die Nachrichten einzusehen, melden Sie sich einfach in Ihrem WEB.DE Postfach an: [...]

Ich soll mich also einloggen, um die nichtvorhandenen Nachrichten zu lesen. Laut web.de ließen sich diese täglichen E-Mails, die vor nichtvorhandenem Spam warnen und somit selbst nichts weiter als Spam sind, ganz einfach im Benutzerkonto deaktivieren. Ich konnte diese Option nach längerer Suche jedoch nicht finden und auch sämtliche im Internet gefundenen HowTos brachten mich nicht ans Ziel - bis ich schließlich auf die Idee kam, die besagten Benachrichtigungen selbst als „Spam“ zu markieren. Seitdem ist endlich Ruhe :-)

Auf Platz 2: Windows blendet bekannte Dateiendungen aus

OrdneroptionenIn der Datenverarbeitung werden Informationen häufig in Dateien gespeichert, das weiß heute fast jeder, der schon einmal eine Digitalkamera, ein Smartphone oder einen Computer verwendet hat. Als die ersten Dateisysteme entwickelt wurden, war man sich bereits darüber bewusst, dass der Nutzen einer Datei nur gegeben ist, wenn Klarheit über deren Verwendung herrscht. Deshalb hat man diese elementar wichtige Information untrennbar in den Dateinamen integriert, denn Dateien werden fast ausnahmslos über ihren Namen „angesprochen“. Die Zeichenfolge hinter dem letzten Punkt (historisch bedingt sind dies meist 3 Buchstaben) gibt Auskunft über die Art des Inhalts. So sollte es sich bei einer Datei namens „dsc00001.jpg“ aufgrund ihrer Endung „.jpg“ z. B. um eine JPEG-kodierte Bilddatei handeln.

Microsoft ging im Laufe der Zeit jedoch offensichtlich zunehmend davon aus, dass die Nutzer des Windows-Betriebssystems eh kein technisches Verständnis haben und kam auf die glorreiche Idee, Dateiendungen standardmäßig auszublenden. Die Leute sollen nicht mehr wissen, was sie da eigentlich vor sich haben, sobald die Dateiendung dem System bekannt ist. Das ist ungefähr so als würde man in einem Film die Gesichter aller Darsteller unkenntlich machen, die der Regisseur kennt. Wen interessiert schon in einem Krimi, wer Ermittler und wer Täter ist...?

Windows wird somit selbst zum Krimi: Gefährliche Viren werden als Bilddatei getarnt per E-Mail versendet. Lautet ein Dateiname z. B. „bla.jpg.exe“, sieht der Laie nur „bla.jpg“ und denkt sich: Wenn ich das öffne, sehe ich ein Bild. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um eine „.exe“ Datei, die jede Art von ausführbarem Code enthalten kann, eben auch jede Art von Schadprogramm.

Die Einstellung, um Dateiendungen immer anzeigen zu lassen, ist gut versteckt und der Weg dorthin ändert sich mit jeder Version von Windows. Wer diese Einstellung ändern möchte, findet hier weitere Informationen.

Auf Platz 1: HD Plus

HD-PlusWer es nicht besser weiß, würde bei der Bezeichnung „HD Plus“ vermutlich denken, dass es sich um einen verbesserten Standard zur Darstellung von hochauflösendem Fernsehen handle. Leider wurde die Bezeichnung jedoch absichtlich irreführend gewählt.

Als vor einigen Jahren die ersten öffentlich-rechtlichen TV-Sender damit begannen, ihr Programm in hochauflösender HD-Qualität zu übertragen, gingen Privatsender wie RTL, Sat.1, ProSieben und VOX einen anderen Weg. Scheinbar dachten sich diese:

Technischer Fortschritt hin oder her, was haben wir davon? Echter technischer Fortschritt sieht für uns wie folgt aus: Aufnehmen, zeitversetztes Fernsehen (Timeshift) sowie Vor- und Zurückspulen sind Funktionen, die man am besten nach Belieben einschränkt oder bei Bedarf gleich ganz unterbindet. Somit lässt sich vorwiegend verhindern, dass der Konsument auf die dumme Idee kommt, nervige Werbung einfach zu überspringen. Aufnahmen sollten außerdem zusätzlich mit einem Verfallsdatum versehen werden können. Danach sollen sich die Aufnahmen einfach nicht mehr abspielen lassen.

Und weil all das technisch nicht vorgesehen ist, wurde ein neuer Standard benötigt: „HD Plus“. Und weil die auf dem Markt befindlichen Geräte von Haus aus nicht in der Lage sind, die Rechte der TV-Zuschauer derart krass einzuschränken, sollen diese sich doch gleich neue, HD Plus-Zertifizierte Geräte kaufen, ohne die ein Empfang dieser Sender nicht möglich sein wird. Als kleiner Bonus soll der Kunde dafür dann noch extra Zahlen. Ok, Bonus natürlich für die HD Plus GmbH, für wen auch sonst.

Und so kam es dann tatsächlich. Da sich viele Leute nicht gerne mit Technik beschäftigen, kaufen sie das, was ihnen vorgesetzt wird, und sind dafür auch noch bereit, 60 Euro im Jahr an die HD Plus GmbH zu zahlen. So viel kostet das für den Empfang nötige Abo nämlich seit der letzten Preiserhöhung 2014.

Man sollte sich bei der Anschaffung eines neuen Fernsehers oder SAT-Receivers deshalb genau überlegen, ob man auf dieses „Plus“ nicht lieber verzichten möchte.

In diesem Sinne...

Euer Manu